Verbraucherschutz in Usbekistan: Wie der „Comsumer Protection Codex“ Kundinnen und Kunden im Finanzsektor besser schützten soll

Lija Grauberger spricht im Interview mit dem Branchenmagazin "FinTech & Retail Central Asia" über den "Consumer Protection Codex" in Usbekistan.

Der Finanzsektor Usbekistans hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und bietet Kundinnen und Kunden eine wachsende Vielfalt an Produkten und Dienstleistungen. Mit der zunehmenden Komplexität steigt auch der Bedarf an klaren und verständlichen Regeln für den Umgang mit Verbraucherinnen und Verbrauchern.

Die Deutsche Sparkassenstiftung für internationale Kooperation (DSIK) unterstützt aktiv die Förderung von Verbraucherschutzstandards im usbekischen Finanzsektor.Ein wichtiges Forum dafür war die Konferenz „Digital Uzbekistan“ im Mai dieses Jahres. Dort stellte Lija Grauberger, Leiterin des Bereichs Verbraucherschutz und Wettbewerbsentwicklung im Landesbüro der DSIK in Usbekistan, den freiwilligen Consumer Protection Codex vor. Dieser basiert auf internationalen Standards und soll mehr Transparenz, Vertrauen und Stabilität im Finanzmarkt fördern.

Wie groß das Interesse an diesem Thema ist, zeigte sich auch im Gespräch, das Lija kürzlich mit der Redaktion von FinTech & Retail Central Asia führte. Das übersetzte und kekürzte Interview finden Sie im Anschluss.

 

FinTech & Retail CA: Warum ist es notwendig, einen speziellen Kodex zum Schutz der Verbraucherrechte im Finanzdienstleistungssektor in Usbekistan zu entwickeln, der auf freiwilliger Basis funktioniert?

Lija Grauberger: Usbekistans Finanzmarkt wächst rasant: neue Akteure, Produkte und Servicekanäle erhöhen die Komplexität für Verbraucher. Ein freiwilliger Kodex kann hier klare Standards setzen, Transparenz schaffen und den Schutz der Verbraucherrechte stärken.

Zudem ist die Finanzkompetenz vieler Verbraucher noch begrenzt, wodurch sie anfällig für unfaire Praktiken bleiben. Ein Kodex fördert Vertrauen zwischen Verbrauchern und Finanzinstituten, unterstützt die Nachhaltigkeit des Marktes und erleichtert Investitionen.

Hier kann ein freiwilliger Kodex wirksam sein: Er definiert Verhaltensstandards für Marktteilnehmer, konsolidiert einheitliche Ansätze und vereinfacht deren Anwendung in der Praxis. So werden Verbraucherrechte transparenter und berechenbarer.

Internationale Erfahrungen zeigen: Spezielle Kodizes oder Gesetze sind besonders in sich entwickelnden Finanzsystemen üblich. Für Usbekistan bedeutet ein freiwilliger Kodex eine Annäherung an internationale Standards und eine solide Ergänzung der bestehenden Gesetzgebung.

FinTech & Retail CA: Was ist der Unterschied zwischen dem Gesetz und dem freiwilligen Bankenkodex, welche Verpflichtungen werden darin festgelegt und welche Mechanismen werden verwendet, um ihre Umsetzung sicherzustellen?

Lija Grauberger: Der Verbraucherschutzkodex für Finanzdienstleistungen ist kein Gesetz, sondern wird auf freiwilliger Basis verabschiedet und angewendet. Er setzt einen gemeinsamen Verhaltensstandard für Banken und andere Finanzinstitute und ergänzt die staatliche Regulierung, ohne sie zu ersetzen.

Gesetzliche Anforderungen bleiben die Grundlage für Rechtssicherheit und Verbraucherschutz. Freiwillige Verpflichtungen ermöglichen jedoch höhere Standards für Transparenz, faire Geschäftspraktiken und Risikomanagement. Produkte und Prozesse werden stärker auf Kundeninteressen und langfristige Nachhaltigkeit ausgerichtet.

Dieser Ansatz stärkt Vertrauen, Reputation und Wettbewerbsfähigkeit der Finanzinstitute, fördert Kundengewinnung und -bindung sowie fairen Wettbewerb und stärkt das Verbrauchervertrauen im gesamten Markt – auch für KMU und Verbraucher in Schwellenländern.

FinTech & Retail CA: An welchen internationalen Standards und Best Practices könnte sich der Kodex zum Schutz der Verbraucherrechte bei Finanzdienstleistungen orientieren?

Lija Grauberger: Der Kodex zum Schutz der Verbraucher von Finanzdienstleistungen kann auf anerkannten internationalen Standards und Praktiken basieren und gleichzeitig an die Realitäten Usbekistans angepasst werden. Es empfiehlt sich, die UN-Leitlinien zum Verbraucherschutz sowie die OECD- und G20-Prinzipien im Bereich Finanzdienstleistungen als konzeptionelle Grundlage zu nutzen. Diese Dokumente bilden einen Rahmen für Transparenz, fairen Verkauf, Streitbeilegung und finanzielle Inklusion und legen Richtlinien für klare Produktinformationen, faire Bedingungen und die Verfügbarkeit wirksamer außergerichtlicher Streitbeilegungsmechanismen fest.

Aus Sicht der Regulierungs- und Aufsichtspraxis ist es sinnvoll, auf den Erfahrungen der Europäischen Union und Deutschlands aufzubauen, insbesondere in Bezug auf:

  • Steuerung des Lebenszyklus von Finanzprodukten,
  • Prüfung der Zielgruppentauglichkeit,
  • Beschwerdemanagement,
  • Kontrolle der Werbekommunikation.

Diese Ansätze ermöglichen unter anderem:

  • Einführung standardisierter Informationsblätter,
  • Nutzung klarer Sprache in Verträgen,
  • Verbot zusätzlicher Dienstleistungen ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden,
  • Transparente Prozesse zur Antragsprüfung,

Es ist auch sinnvoll, die Erfahrungen Japans und der Republik Korea als praktische Leitlinien zu nutzen. Dort wird Wert auf eine systematische Überwachung der Servicequalität, regelmäßige Kundenbefragungen, die öffentliche Präsentation von Schlüsselindikatoren und die Verbreitung bewährter Verfahren gelegt. Dieses Modell erhöht die Verantwortlichkeit der Organisationen und fördert den Wettbewerb im Bereich der Servicequalität.

FinTech & Retail CA: Wie können die internationalen Standards und Best Practices an die Realitäten Usbekistans angepasst werden?

Die Anpassung des Kodex an Usbekistan erfordert einen schrittweisen, pragmatischen Ansatz:

  • Phase 1: Bestimmungen unter Berücksichtigung des nationalen Rechts lokalisieren, zweisprachige Materialien erstellen und klare Alltagssprache verwenden.
  • Phase 2: Pilotprojekt mit Banken und Mikrofinanzorganisationen durchführen, Anforderungen nach Praxistests anpassen und skalieren.
  • Messbarkeit: Einführung von Indikatoren und öffentlicher Berichterstattung, z. B.
    • Anteil der Produkte mit Standardinformationsblättern
    • Qualität und Geschwindigkeit der Beschwerdebeantwortung
    • Begründungen bei Kreditablehnungen
    • Erfolg von Umstrukturierungsprogrammen

Wichtig ist die Einrichtung eines unabhängigen Verfahrens zur außergerichtlichen Streitbeilegung, regelmäßiges Einholen von Kundenfeedback sowie systematische Schulungen von Mitarbeitern und Vertriebspartnern in verantwortungsvollem Marketing und digitalen Kanälen. Um fairen Wettbewerb zu sichern, sollten erzwungene Bündelungen verboten, transparente Zugangskriterien für Partner festgelegt und diskriminierungsfreie Servicebedingungen gewährleistet werden.

Dieser Ansatz kombiniert UN- und OECD-Grundsätze mit den Praktiken der EU und Deutschlands und ergänzt sie um Überwachung und öffentliche Berichterstattung, die für Japan und Korea typisch sind. So lassen sich internationale Standards schrittweise an den usbekischen Markt anpassen, Verbrauchervertrauen stärken und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzsektors erhöhen.

FinTech & Retail CA: Welche zusätzlichen Vorteile und Mechanismen kann der freiwillige Kodex zum Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen Usbekistan zusätzlich zu den bereits skizzierten Zielen bieten und wie kann er effektiv umgesetzt werden?

Lija Grauberger: Der freiwillige Kodex schützt nicht nur die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern fördert auch faire Geschäftspraktiken, finanzielle Inklusion und die Stabilität des Finanzsektors in Usbekistan. Er hilft, systemische Risiken zu reduzieren, Überschuldung vorzubeugen und sorgt dafür, dass Frauen, Jungunternehmerinnen und -unternehmer sowie Bewohnerinnen und Bewohner ländlicher Regionen besseren Zugang zu Finanzdienstleistungen erhalten. Hohe Standards signalisieren Stabilität und Vorhersehbarkeit für internationale Investoren, während der freiwillige Charakter der Branche ermöglicht, selbstregulierend zu handeln und Probleme frühzeitig zu beheben.

Für eine wirksame Umsetzung sind Überwachungsmechanismen, ein Akkreditierungssystem mit Gütesiegel sowie Jahresberichte über die Einhaltung der Bestimmungen vorgesehen. Der Kodex ist zukunftsorientiert konzipiert, berücksichtigt Digitalisierung und den Einsatz von KI und soll alle zwei bis drei Jahre aktualisiert werden, um relevant und wirksam zu bleiben.

Deutsche Sparkassenstiftung für internationale Kooperation e.V.
Simrockstraße 4, 53113 Bonn

Telefon: 0228 9703-0
Fax: 0228 9703-6613 oder -6630

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