Raus aus der Komfortzone, rein ins Unbekannte: Wo der Führungsnachwuchs Grenzen überschreitet

Das Stipendienprogramm für junge Nachwuchsführungskräfte und Mitarbeiter der Sparkassen-Finanzgruppe geht 2016 in die dritte Runde.

Auf dem Treffen der Generationen Ende Februar in Bonn freuten sich die Initiatoren der Sparkassenstiftung für internationale Kooperation und der Eberle-Butschkau-Stiftung über den reichen Erfahrungsschatz, den die Stipendiaten des letzten Jahres mit ihren Nachfolgern teilten

 

Berufliche wie private Erfahrungen, die bleiben: Aus ihren Einsätzen in Projekten der Sparkassenstiftung kehren die Stipendiaten um einige Erkenntnisse reicher zurück. Linda Ostendorf mit einem "Nicht-Bankkunden" während ihrer Arbeit in Kirgisistan.

„Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben.“ Die Worte Alexander von Humboldts gab Axel Gellenberg den Zuhörern seines Vortrags über seinen Einsatz auf den Philippinen als Leitsatz mit auf den Weg. Der Regionalleiter aus der Sparkasse Mittelmosel – Eifel Mosel Hunsrück gehört zu den Stipendiaten des Jahres 2015, die im Rahmen des gemeinsamen Programms der Eberle-Butschkau-Stiftung und der Sparkassenstiftung für internationale Kooperation ihre Heimatsparkassen für einige Wochen gegen einen Perspektivenwechsel im Ausland in Projekten der Sparkassenstiftung getauscht haben.
Gellenberg unterstützte in Südostasien das lokale Expertenteam der Sparkassenstiftung bei der Einführung eines dualen Ausbildungsprogramms im Rahmen des „K to 12 plus“-Projekts. Seminare, Workshops und Vorträge zum Thema Customer Relationship Management gehörten zu seinen Hauptaufgaben. Sie führten den 36-jährigen Rheinland-Pfälzer in weite Teile des aus über 7.000 Inseln bestehenden Archipels mit rund 100 Millionen Einwohnern.

Größte Herausforderung und gleichzeitig gewinnbringendste Erfahrung sei die völlig fremde Kultur, die Lebens- und Arbeitsweise der Menschen vor Ort gewesen: „Deutsche Tugenden wie Pünktlichkeit, Organisation und Vorausplanung nützen dort nicht viel. Hier in Deutschland bin ich ein sehr strukturierter Mensch, ich weiß immer genau, was in den nächsten 14 Tagen ansteht“, berichtet Gellenberg. Auf den Philippinen liefen die Dinge grundsätzlich anders. An die gefühlte Planlosigkeit im Berufsleben habe er sich gewöhnen müssen. Unvorhersehbare Arbeitsaufträge wie „Du hältst heute einen Vortrag in der Uni – zu welchem Thema? – schauen wir mal“ und die Abläufe philippinischer Geschäftstreffen verlangten ein hohes Maß an Flexibilität und Spontanität. „Eine Stunde Verspätung bei Meetings sind keine Seltenheit. Begonnen werden diese dann meist mit einem Gebet und dem Singen der Nationalhymne, da die Filipinos ein sehr gläubiges Volk und stolz auf ihre Nation sind. Ständiges Essen und Telefonieren während solcher Treffen gehören ebenfalls einfach dazu“, erinnert sich Gellenberg. Eines hat ihn während seines Aufenthalts besonders beeindruckt: „Die Menschen leben sehr intensiv, sie sind herzlich und unglaublich spontan – von dieser Lebenseinstellung könnten wir uns in Deutschland eine Scheibe abschneiden.“
Für den Bankangestellten war es nicht die erste Reise nach Asien. Bereits vor seinem Einsatz im Rahmen des Stipendienprogramms hatte er einige Urlaube in der Region verbracht und war mit der Kultur und den Menschen in Kontakt gekommen. Jedoch, so resümiert er, sei es ein großer Unterschied, ob man ein Land als Tourist oder beruflich besuche. Auch die asiatischen Essgewohnheiten verlangten ihm während seines Aufenthalts viel ab: „Essen nimmt im philippinischen Berufsleben einen großen Stellenwert ein. Es gehört zum guten Ton, mit seinem Gast oder Gesprächspartner zu essen. An einem Tag mit vielen Terminen kam es daher nicht selten vor, dass ich drei oder vier Mal zu Mittag aß“, erinnert er sich lächelnd. Sein Auslandseinsatz hat Gellenberg beruflich wie persönlich geprägt, die kulturellen Unterschiede im Alltags- und Berufsleben haben ihn teilweise an seine Grenzen gebracht. Genau das sieht er rückblickend als Bereicherung. Sein Rat an die Stipendiaten, denen ihr Einsatz in 2016 bevorsteht: „Seid offen, mutig und geht neugierig an die Sache heran. Verkriecht euch nicht, sondern stürzt euch ins Geschehen, lernt die Menschen und das Leben vor Ort kennen.“

Janina Meyer aus der Landessparkasse zu Oldenburg berichtete über ihren Einsatz im Kaukasus: „Ich hatte im Vorfeld Bedenken, ob Aserbaidschan und Georgien das Richtige für mich sind.“
Die 28-jährige EBuSti-Stipendiatin räumte ein, sich vorher nie mit diesen Regionen auseinander gesetzt zu haben. Weder habe sie viel über die Kultur und die Menschen vor Ort gewusst noch ein Wort Russisch gesprochen. Schon nach den ersten Tagen der Zusammenarbeit mit dem Team der Sparkassenstiftung habe sie sich jedoch in die Region und die Menschen verliebt. Meyer unterstützte in Georgien das Projekt „Women in Business“, ein technisches Kooperationsprogramm, das Existenzgründerinnen sowie Kleinst- und Kleinunternehmerinnen bei ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt. In Aserbaidschan arbeitete sie anschließend im Projekt „Finanzielle Grundbildung“, wo sie Trainings mit Lehrern und Schülern sowie mit Studenten und Familien zum Thema abhielt. „Die Unterstützung der Kollegen und die allgemeine Gastfreundlichkeit der Menschen vor Ort haben mich sehr beeindruckt“, hält sie rückblickend für beide Länder fest. Mit ihrem Vorredner Gellenberg teilt sie besonders eine Erfahrung: „Deutsche Durchgeplantheit trifft im Auslandseinsatz auf eine völlig andere Mentalität, ein anderes Lebensgefühl, einen anderen Arbeitsrhythmus – man hat sich großen persönlichen wie beruflichen Herausforderungen zu stellen.“ Nur eines würde Meyer im Nachhinein anders machen: „Ich hätte die Sprache früher lernen sollen – das hätte die Kommunikation innerhalb der Trainings und in Bankengremien erleichtert“.

Ähnliches hatte Linda Ostendorf während ihres Einsatzes in Kirgisistan erfahren: „Obwohl fast die Hälfte der Menschen unter der Armutsgrenze leben, sind sie fröhlich, freigiebig und gehen viel raus, nehmen am Leben teil. Kirgisistan ist ein sehr freundliches Land.“ Über ihre ersten Eindrücke in der Fremde berichtet die Sparkassenbetriebswirtin aus der Filiale Rheine, sie sei erstaunt gewesen, wie viele deutsche und internationale Organisationen sich neben der Sparkassenstiftung vor Ort für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung des zentralasiatischen Binnenstaats engagierten. Sie fügt hinzu: „Diese Arbeit ist unglaublich wertvoll. An Sparen wird in Kirgisistan wenig gedacht, Geld wird meist sofort ausgegeben. Auch die Kredite sind ein schwieriges Thema, denn oft ist die Kundenbetreuung und -beratung schlecht und die Banken haben nicht genug Spareinlagen für die Vergabe.“ Gerade deshalb habe sie ihre Mitarbeit im Projekt „Einführung der dualen Berufsausbildung zum Bankspezialisten“ als große Bereicherung empfunden.

Auch Katja Rauscher hatte vor ihrem Einsatz in Sambia Bedenken: „Passe ich dorthin? Wie sind die Menschen dort? Werde ich mit den kulturellen Unterschieden klar kommen?“ Zurück in Deutschland kann die 32-jährige Spezialistin im Bereich Vorstandsstab und Kommunikation aus der Sparkasse Nürnberg solche Fragen mit einem klaren „Ja“ beantworten. Vom Land und den Menschen erzählt Rauscher mit Begeisterung. Vor allem habe sie beeindruckt, wie die Projektarbeit der Sparkassenstiftung ausgelegt ist: „Wir kommen nicht als Deutsche hier hin und wissen es besser, sondern wir erarbeiten Projektziele und Lösungen gemeinsam mit den lokalen Banken und Menschen vor Ort.“ Rauscher unterstützte das Team der Sparkassenstiftung bei der Vorbereitung und Durchführung des Weltspartags,  unter anderem mit dem von ihr entwickelten Budgetplaner, der es sambischen Familien ermöglicht, ihre Einnahmen und Ausgaben zu kontrollieren und es ihnen erleichtert, Sparrücklagen zu bilden.

Für Sophia Ulrich ging es 2015 ebenfalls nach Afrika. Für drei Monate tauschte die Betriebswirtin ihre Heimatsparkasse in Ulm gegen die Projektarbeit in der ruandischen Hauptstadt Kigali. Die Unterstützung bei der Professionalisierung des Mikrofinanzsektors mit dem Schwerpunkt Finanzielle Bildung stand im Fokus ihrer Arbeit. „Das Bewusstsein für Sparen steht in Ostafrika noch ganz am Anfang“, berichtet die 27-Jährige. Um dieses zu fördern, entwickelte und plante sie „Learn-to-save-Veranstaltungen“, die sie mit Kindern und Jugendlichen in den örtlichen Schulen durchführte. Begeistert haben Ulrich die Offenheit und Motivation der jungen Menschen zum Thema Sparen: „Die meisten Schülerinnen und Schüler wünschten sich, durch Ersparnisse ihre Familien zu unterstützen und beispielsweise die spätere Ausbildung oder ein Studium selbst finanzieren zu können und die Eltern damit finanziell zu entlasten.“ Die wichtigste Lektion aus ihrem Einsatz in Ruanda ist für Ulrich die Erkenntnis, „dass man auch mit wenigen Mitteln viel erreichen kann“. Mit ihrem Einsatz für die Sparkassenstiftung schaffte es Ulrich nach ihrer Rückkehr ins schwäbische Heimatinstitut bis ins TV: Der Fernsehtalk „Gespräch im Studio aus der Sparkasse Neue Mitte in Ulm“ berichtete in der Sendung zum Jahresrückblick 2015 mit Thema „Was zählt wirklich im Leben“ über Ulrichs Kurzzeiteinsatz und das Engagement für Ostafrika.

Stipendienprogramm: Eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten

Was wirklich zählt im Leben, sind Perspektiven, besonders für Menschen in den ärmeren Regionen der Welt. Geschäftsführer Niclaus Bergmann betonte auf dem Treffen der Generationen die „Win-Win-Situation“ für die Sparkassenstiftung wie für die Teilnehmer des Programms: „Die Sparkassenstiftung trägt das Know-how der deutschen Sparkassen in Entwicklungs- und Schwellenländer . Unsere Stipendiaten setzen ihr Wissen und Können als Sparkassenexperten in unseren Projekten ein. Gleichzeitig erweitern sie im Auslandseinsatz ihren Horizont, lernen, über den Tellerrand zu schauen, alte Denkmuster abzulegen und neue Lösungen zu entwickeln. Von den persönlichen wie beruflichen Erfahrungen und neuen Ideen profitieren dann auch die Heimatinstitute der Stipendiaten.“ Auch Bärbel Kaatz, Kollegleiterin der Eberle-Butschkau-Stiftung, freute sich über die erfolgreiche Entwicklung des Stipendienprogramms, das 2013 binnen weniger Monate geplant und erstmals umgesetzt wurde. Viele Kollegiaten der Eberle-Butschkau-Stiftung würden den Wunsch nach einem Auslandsaufenthalt äußern. Es sei schön, dieses mit dem Stipendienprogramm anbieten zu können.
Ein direkter Nutzen des Programms ergebe sich jedoch nicht nur für Stipendiaten und die Sparkassenstiftung, sondern insbesondere auch für die Menschen in den Einsatzländern vor Ort, fügte Bergmann hinzu. „Die Arbeit der Sparkassenstiftung trägt dazu bei, Menschen die Chance auf ein gesichertes Einkommen und Leben zu geben. Das hat einen großen Mehrwert für alle.“ Einen direkten Bezug sah er auch zu der aktuellen Flüchtlingswelle: „Wenn die Menschen nach Europa, nach Deutschland kommen, dann tun sie das nicht wegen der Schönheit des Landes. Sie tun es, weil sie hier eine Perspektive sehen. Wenn wir mit unserer Arbeit dazu beitragen können, die Perspektivlosigkeit in den Heimatländern dieser Menschen durch eine neue Hoffnung auf eine gesicherte Existenz zu überwinden, ist das ein großer Erfolg für alle.“

Neuer Jahrgang im Aufbruch: Stipendiaten 2016 starten demnächst ins Ausland

Die Erfahrungsberichte und der anschließende Austausch mit ihren Vorgängern und den Mitarbeitern der Sparkassenstiftung trafen auf großes Interesse bei den zehn Stipendiengewinnern 2016, denen ihr Auslandseinsatz nun demnächst bevorsteht.
In diesem Jahr unterstützt Shakib Ahmed aus der Kreissparkasse Birkenfeld die Sparkassenstiftung in Bhutan, Tobias Brill aus der Sparkasse Weserbergland reist nach Peru, für Danijela Lazarevic aus der Sparkasse Bodensee und Margaret Köhn aus der Sparkasse Minden-Lübbecke geht es nach Ostafrika. Zentralasien ist Einsatzland von Arthur Klauser aus der Sparkasse Uelzen Lüchow-Dannenberg und Thomas Piela aus der Sparkasse Neuss, Nicole König aus der Sparkasse Jena-Saale-Holzland hat ihren Einsatz auf den Philippinen und Thies Rasmus Popp aus der Sparkassenakademie Schleswig-Holstein reist nach Vietnam, während es für Irina Riggert aus der Sparkasse Uelzen Lüchow-Dannenberg nach Sambia und für Freya Edith Ahrens aus der Kreissparkasse Verden nach Mexiko und El Salvador geht.

Die Bewerbungsphase für das Stipendienprogramm 2017 beginnt im kommenden Juni.

 

Hier geht es zur <link http: www.ebusti.de _blank>Homepage der Eberle-Butschkau-Stiftung

Den spannenden ausführlichen Erfahrungsbericht von Axel Gellenberg aus der Sparkasse Mittelmosel – Eifel Mosel Hunsrück über seinen Einsatz 2015 auf den Philippinen finden Sie <link file:57 _blank>hier

Katja Rauscher berichtete über ihre Erfahrungen während ihres Einsatzes in Sambia auf ihrem Blog<link http: katjagoeszambia.de _blank> katjagoessambia

Den TV-Beitrag über Sophia Ulrichs Einsatz in Ruanda finden Sie<link https: www.youtube.com _blank> hier

Den Erfahrungsbericht von Sophia Ulrich aus der Sparkassenzeitung vom 24. Juni 2015 finden Sie <link file:58 _blank>hier<link fileadmin user_upload pdf artikel>

 

Ansprechpartner:

Matthias Fohs / Carina Lau
Sparkassenstiftung für internationale Kooperation
Simrockstraße 4
53113 Bonn

Tel.: +49 228 9703 6617 / 6608
Fax: +49 228 9703 6613

 

 

Deutsche Sparkassenstiftung für internationale Kooperation e.V.
Simrockstraße 4, 53113 Bonn

Telefon: 0228 9703-0
Fax: 0228 9703-6613 oder -6630

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